Klangwunder für das Gewandhausorchester
– ein kleines Tagebuch

Von der Idee über die "Geburt der Glocken" bis zur Ankunft und zum Einsatz im Gewandhausorchester

Projektdetails

Zielvorhaben:

Kauf von sechs Konzert-Glocken für das Große Concert

Fördervolumen:

103.000 Euro

Zieldatum:

Guss der Glocken im Februar 2022 durch die Glockengießerei GRASSMAYR in Innsbruck • Erster Einsatz einer Glocke im Großen Concert am 5./6./8. Mai 2022

Besonderheiten:

Der Kauf dieser Glocken sowie je dreier Klangschalen und Klangplatten wird durch den der Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig e. V. zugedachten Vermögensnachlass von Frau Dr. Reingard Beyer und durch Spenden unserer Mitglieder ermöglicht.

Stichwort Spende:

Glocken

HERBST 2020

Das Vermächtnis der Leipziger Musikliebhaberin Dr. Reingard Beyer an die Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig  ermöglicht es uns, endlich auch über den lang gehegten Wunsch des Gewandhausorchesters für eigene Glocken ernsthaft nachzudenken.

SOMMER 2021

Im Juli 2021 beschließt der Vorstand der Gesellschaft der Freunde, das Glockenprojekt für das Gewandhaus zu finanzieren. Sechs Glocken, drei Klangschalen sowie drei Klangplatten können bei der über 400-jährigen Traditions-Glockengießerei GRASSMAYR in Innsbruck in Auftrag gegeben werden.


HERBST 2021

Das Verfahren zur Glockenherstellung hat sich seit 1.000 Jahren nicht verändert, auch wenn es heute die eine mechanische und die andere elektronische Hilfe gibt. Zunächst müssen die Glocken auf die genauen Tonhöhen für das Gewandhausorchester berechnet werden. Dann können die Gussformen in einem aufwendigen Verfahren hergestellt werden. Dieses Verfahren nennt sich Schablonieren, es ist feinste Millimeter-Arbeit, sowohl was die haargenaue Form als auch die kunstvollen Verzierungen betrifft.

Die Glocken werden mit dem Wahlspruch des Gewandhausorchesters RES SEVERA VERUM GAUDIUM und dem Logo des Gewandhausorchesters verziert. Die drei größten Glocken erhalten zusätzlich das Logo des Spenders, der Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig. Die Verzierungen werden mit Wachs aufgetragen, der beim Erwärmen zum Trocknen der Gussform ausfließt.


18. FEBRUAR 2022

Wenn die Gussformen außen wie innen ausgetrocknet und zusammengefügt sind, kann der Guss beginnen. Die Zusammensetzung der Bronze für einen optimalen Glockenklang hat sich mit 80% Kupfer und 20% Zinn seit Jahrhunderten nicht verändert. Schon die Veränderung eines Anteils um 1% verändert den Klang der Glocke, sie ist als Musikinstrument nicht mehr brauchbar.

Die Bronze wird über mehrere Tage auf 1.100 °C erhitzt, kleinere Glocken erfordern höhere Gusstemperaturen. Deshalb wurden die vier größeren Glocken für das Gewandhausorchester zusammen mit anderen Glocken für verschiedene Kirchen in Europa in einem Guss am 18. Februar 2022 gegossen – ein wahrlich ergreifender Vorgang. Die beiden kleineren Glocken bleiben einem späteren Guss vorbehalten. Bis zu einer Woche – je nach Größe der Glocke – müssen die Glocken auskühlen, bevor sie aus der Lehmform „entmantelt“ werden.

 

Die Glocken sind „geboren“. Der „alte“ Lehm wird wieder für neue Glockenformen verwendet, die beim Guss übrig gebliebene Bronze ebenso – es geht nichts verloren.

April 2022

Die Glocken sind fertig!


6. APRIL 2022

Wir erwarten die Ankunft der Glocken in Leipzig.
Achtung! Dieser Termin muss leider verschoben werden.

13. April 2022

Die Glocken sind da!

Mit großer Neugier und auch innerer Bewegung versammeln sich um 10 Uhr einige Mitarbeiter des Gewandhauses und Orchestermitglieder am Bühneneingang des Gewandhauses. In roten Transportkisten verpackt werden die Glocken entladen. Die Transportkisten sind extra für die Glocken angefertigt, „maßgeschneidert“, um die Glocken gegebenenfalls sicher verpackt mit auf Tournee nehmen zu können. Auch wenn die Glocken an andere Orchester verliehen werden sollten, können sie auf diese Weise sicher transportiert werden.

Nur die beiden größten Glocken, müssen noch vor Ort in den Glockenständer montiert werden. Sie sind so schwer, dass ein Transport für eine Reise eher ausgeschlossen sein wird.

Mit dem Gabelstapler werden die Glocken in Millimeterarbeit auf den Glockenständer aufgesetzt.

 

5./6. MAI 2022

19 Uhr Foyer im Gewandhaus

Es ist soweit: Die Glocken werden vor dem Großen Concert im Hauptfoyer des Gewandhauses den Konzertbesuchern präsentiert.

Da die Glocke e“ im Konzert auf der Bühne für Zarathustra benötigt wird, kann sie im Foyer nicht mit aufgestellt werden. Sie wäre an dritter Stelle von links einzureihen.

Hoch erfreut stehen einige am Projekt Glocken Beteiligte an den Konzertglocken.
v.r.n.l.:
Verwaltungsdirektor Prof. Dr. Gereon Röckrath, Andreas Regler (Fa. SchlagZu), Vorstandsmitglieder der Gesellschaft der Freunde: Christian Prager, Prof. Hanns-Martin Schreiber und Ehrenvorsitzender Dr. Andreas Creuzburg

Die beiden größten Glocken werden schließlich im Mendelssohn-Foyer ihren dauerhaften Platz finden – zur Besichtigung für alle Gewandhaus-Besucher!

Großes Concert 20 Uhr

Endlich: Die erste eigene Glocke des Gewandhausorchesters e“ erklingt im Großes Concert mit Strauss‘ Also sprach Zarathustra – ein besonderes Erlebnis für das Gewandhausorchester mit seinem Publikum und für uns als Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig!

Zuvor übergibt der Vorstandsvorsitzende Prof. Schreiber die Glocken coram publico dem Gewandhaus und seinem Orchester. Mit einem ersten Schlag (Wolfram Holl) werden die Glocken symbolisch übergeben.

 

Prof. Andreas Schulz und Orchestervorstand Matthias Schreiber danken der Gesellschaft der Freunde für diese gewichtigen Instrumente.

Also sprach Zarathustra erklingt mit dem Gewandhausorchester – und eigener Glocke – unter Leitung von Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons.

Übrigens: Die Glocke e“ geht sogleich mit auf die Tournee des Gewandhauses und erklingt in London, Wien Hamburg und Paris.

 

Die CD-Aufnahmen zu Bilder einer Ausstellung sind erfolgreich beendet! Herzlichen Dank allen Freunden des Gewandhauses für die großartige Unterstützung!

Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons mit der Schlagzeuggruppe des Gewandhausorchesters



Glocke in es“ eingeweiht

In den Großen Concerten am 7. und 8. Dezember kam mit Mussorgskis Bilder einer Ausstellung unter Leitung von Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons zum ersten Mal die Glocke in es“ zum Einsatz. Diese Glocke ist eine von sechs Glocken, die 2022 durch die Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses für das Gewandhausorchester finanziert wurde.

Gemälde und Zeichnungen Viktor Hartmanns inspirierten Mussorgski ein Jahr nach dem Tod des Freundes zu dieser Komposition. Im Schlussteil des Werkes, dem 10. Bild Das große Tor von Kiew, verwendet Maurice Ravel in seiner Orchesterfassung neben weiterem Schlagwerk eine Glocke in es. Dieses »Bild« beendet den monumentalen Zyklus mit beeindruckendem Geläut, das in den meisten Aufführungen nur mit einem Ersatz, einer Röhrenglocke umgesetzt werden kann.

Dank der Glocken für das Gewandhausorchester kann nun auch dieses bedeutende Orchesterwerk mit der von Ravel vorgeschriebenen Glocke zur Aufführung gelangen.

Diese Glocke wird derzeit in der Oper Mary, Queen of Scots der schottischen Komponistin Thea Musgrave eingesetzt. Premiere war am 16. Dezember 2023.

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